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17. bis 24. Mitteilung aus China

Seit Stefans legendärem ersten Bericht aus Qiqihar am 13. November 2000 sind schon viele Mitteilungen versendet worden. Lest hier die mit netten, anklickbaren Bildern versehene Version davon.

Siebzehnte Mitteilung

In der lediglich einige kleinere Schwierigkeiten überwunden werden.

Zug nach HarbinNicht lange nachdem in Qiqihar die Weihnachtsfeiertage, das neue Jahr, und die heiligen drei Könige vorbei waren, kurz gesagt, die arbeitsreichsten Tage des Semesters mit Prüfungen, und, wenn es hier so etwas gäbe, Überstunden, begannen die Ferien. Die österreichischen Auslandsdiener, so könnte man annehmen, hätten sich unverzüglich zum Bahnhof aufgemacht, um die eine oder andere Fahrkarte in weniger raue Gegenden zu erstehen.

Nicht ganz. Der erste Weg in solchen Fällen führt zu Lehrer Wang.

Lehrer Wang nimmt den Reisepass, etwas Geld und eine überraschende Anzahl Passfotos an sich und geht ins „Büro für öffentliche Sicherheit“. Nach längerer Zeit, selten jedoch am selben Tag, und nicht immer in derselben Woche, kehrt er zurück. Im Pass sind ein paar neue Stempel. Lehrer Wang spricht zwar kein Englisch, aber er sagt auf chinesisch vergnügt: „Bedankt euch bei mir!“ oder „Sehr schwierig! Sehr schwierig.“.

Diesmal erhielten wir einen großen und einen mittelgroßen blauen, sowie einen kleineren roten Stempel und fühlten uns damit für die kommenden Ferien gut ausgerüstet. An einem Morgen, an dem der Frost in der Dunkelheit wie eine Mauer vor der Haustür stand, sodass man sich die Nase daran anstieß, sobald man einen Schritt ins Freie machte, sah man Andreas und mich zum Bahnhof hasten. Um 7:45 fuhr der Zug nach Harbin, in die Hauptstadt der Provinz. Harbin ist mit fast zehn Millionen Einwohnern die fünftgrößte Stadt Chinas, und ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung drängte sich dort in der Kassenhalle, als wir für den selben Abend Fahrkarten nach Peking ergattern wollten. Trotzdem gelang es uns, die Aufmerksamkeit einer Schalterbeamtin zu erregen, und uns schließlich mit den richtigen Fahrkarten in der Tasche in die Stadt aufzumachen.

 

Achtzehnte Mitteilung

In der entdeckt wird, dass auch in der Mandschurei manchmal „ausg’steckt is’“.

Harbin ist auf den ersten Blick eine normale mandschurische Großstadt mit Hochhäusern, weiten Straßen, chaotischem Verkehr und freudloser Architektur. Nach kurzer Zeit entdeckt man jedoch, dass die Straßenlaternen aus Eis geschnitzt sind, dass es Kleinode von russischen Häusern, eine gepflasterte Fußgängerzone und viele rote Laternen gibt, mit denen die Restaurants „ausstecken“. In einem solchen Beisl aßen wir vorzüglich, bis die Kellnerin einen Anruf bekam: Ihr Bruder müsse unbedingt den Namen seiner Firma auf Englisch übersetzt haben, und sie, die Kellnerin, habe doch in der Schule Englisch gelernt. Wir halfen gerne, ohne jedoch ganz durchschaut zu haben, um was für eine Firma es sich handelte: So oder so ähnlich kommen wohl viele englischsprachige Aufschriften in China zustande, die im besten Falle vergnüglich zu lesen sind.

Das Eiskunstfestival jedoch, dessenthalben wir nach Harbin gekommen waren, eine Enttäuschung: Bei weitem nicht so geschmackvoll wie in Qiqihar, dafür mit Hilfe von großen Plastikplanen, die von der Ferne für Eis gehalten werden konnten, umso gigantomanischer. Dass man von uns für zwei Plastikbecher dünnen Kaffee 200 Schilling haben wollte, und wir schließlich immer noch 40 zahlen mussten, machte die Sache auch nicht sympathischer, kostet doch vergleichbarer Kaffee in der Gegend sonst vier Schilling.

 

Neunzehnte Mitteilung

In der eine vergnügliche Reise durch mindestens zwei Jahreszeiten unternommen wird.

Als wir am nächsten Morgen in Peking aufwachten, war die Eisschicht an der Innenseite der Waggonfenster geschmolzen, und es lag weicher, flockiger Schnee, wie wir ihn von zu Hause gewohnt sind. Wiederum warfen wir uns in die Schlacht um die Fahrkartenschalter, und wiederum kehrten wir siegreich mit Fahrkarten zwar nicht nach Hong Kong, aber nach Shenzhen zurück. In China ist man eben mit dem zufrieden, was man bekommen kann!

Kurz danach holte uns jener Herr Apfalter ab, dem die Auslandsdiener schon in Mitteilung Nr. 3 die eine oder andere Wohltat zu verdanken hatten, und gesellte diesen weitere Wohltaten hinzu. Folgedessen traten wir gestärkt und erholt abends unsere nächste Reise an: Zwei Nächte und einen Tag sollte sie dauern.

Was wie eine lange Zeit erscheint, vergeht in einem chinesischen Zug wie im Flug. In jedem Waggon versehen mindestens zwei Eisenbahnbeamte ihren Dienst, sodass nach konservativen Schätzungen wohl an die 40 Leute pro Zug beschäftigt sein müssen. Einer davon sortiert kurz nach der Abfahrt das Gepäck nach statischen Gesichtspunkten neu, was durchaus notwendig ist, da von den vielen Gepäckstücken einmal eines herabfallen kann. Ist das geschehen, tritt ein weiterer Beamter in Aktion. Er kontrolliert die Anordnung des Gepäcks, wobei er offensichtlich nun auch nach ästhetischen Gesichtspunkten vorgeht. Eventuelle Kritik wird Beamten Nr. 1 mitgeteilt, der wiederum neu schlichtet.

Beamter Nr. 3 tauscht Fahrkarten gegen Plastikchips und zurück, und Beamter Nr. 4 ist anscheinend dafür zuständig, eventuell an Bord befindliche Österreicher auf Qingdao Bier einzuladen bzw. sich im Gegenzug einladen zu lassen. Nach einiger Zeit jedoch erscheint in einem solchen Fall Beamter Nr. 5, welcher einen Stern mehr als Beamter Nr. 4 hat, woraufhin Nr. 4 emsig wieder verschwindet. Wahrscheinlich sind noch mehr Österreicher entdeckt worden, die eingeladen werden müssen.

Bei solcherart Kurzweil entgehen einem beinahe die Veränderungen vor dem Waggonfenster: Nach der ersten Nacht war der Schnee geschmolzen, während des Tages ergrünten die Bäume, am Nachmittag begannen die Bauern auf den Feldern zu arbeiten, und am Abend musste man einmal das Fenster öffnen, da es etwas warm wurde.

 

Zwanzigste Mitteilung

In der wir im gleichen Land bleiben, aber in eine andere Welt fahren.

Am nächsten Tag in der Früh waren wir in Shenzhen, das seit 1980 eine von Stacheldraht umzäunte Sonderwirtschaftszone ist. Ein chinesisches Sprichwort lautet „Du glaubst du bist gebildet, bis du nach Peking kommst, du glaubst, du bist mutig, bis du in die Mandschurei kommst, du glaubst du bist reich, bis du nach Shenzhen kommst.“ Hier boomt der Kapitalismus, die Börse und die Preise. Wir nahmen unsere Rucksäcke, stellten uns an der Grenze an, und verließen die Volksrepublik quer über den Shenzhenfluß. Auf der anderen Seite waren wir in Lo Wu, einem Dorf, das in der Volksrepublik der „Special Administrative Region“ zugezählt wird, in Hong Kong jedoch den „Northern Territories“. Auf Englisch kauften wir mühelos Fahrkarten zur Insel Hong Kong und gaben dabei für den Hong Konger Vorortezug beinahe 10% des Fahrkartenpreises Peking-Shenzhen aus.

Hong Kong selbst muss zumindest jemandem, der direkt aus der Mandschurei anreist, wie das Paradies selbst vorkommen. Üppiger Reichtum sprießt an allen Ecken und Enden. Es gibt eine gepolsterte U-Bahn mit englischen Ansagen, auf den sauberen Straßen wird bei rot angehalten, und auf der Sojamilch die Nährwerttabelle und Telefonnummern, falls man noch Fragen hat.

Bei der Quartiersuche verlassen wir uns wie immer auf unseren Reiseführer „Lonely Planet“. Der Aufstieg auf Mount Davis auf Hong Kong Island zur Jugendherberge soll sich demnach „fast“ auszahlen. Und so ist es dann auch. Die Straße schlängelt sich durch üppige Vegetation, die passend durch nettes Vogelgezwitscher ergänzt wird, und die Jugendherberge selbst liegt noch ein paar Stockwerke über den nahen Wolkenkratzern. Man sieht ringsum aufs Meer und auf den Hafen. Vielleicht ist es eine Spur zu warm.

 

Einundzwanzigste Mitteilung

In der erst einmal Herrn Wangs Bemühungen zunichte gemacht werden.

Hong KongUnseren ersten Tag in Hong Kong verbringen wir dann zum Teil im chinesischen Konsulat. Für die Rückreise in die Volksrepublik brauchen wir natürlich wieder ein Visum. Bei der Gelegenheit erhalte ich über meine zwei blauen Stempel, die Herrn Wang so viel Mühe gekostet haben, zwei neue rote. Auf ihnen steht „cancelled“. Gleichzeitig wird mein Arbeitsvisum auf Touristenstatus zurückgestuft. Ein Missverständnis. Nach unserer Beschwerde will man uns eher loswerden. Wir beschließen, uns vorerst keine Sorgen zu machen.

Wir kaufen uns die „Octopus Netzkarte“ und sehen uns Hong Kong an: Die doppelstöckige Straßenbahn, von der man manchmal ein Dutzend Züge gleichzeitig sieht, die Halbinsel Kowloon, eine kleinere der „Äußeren Inseln“, Victoria Peak, einige Dörfer und viele Hochhäuser. Einmal fahren wir mit dem Boot ins nahe Macau.

Abends treffen wir Jan Law, meine ehemalige Studienkollegin aus England. Sie sagt, sie sei „eher keine Chinesin“, sondern „Hong Kong Bürgerin“. Sie fährt zwar fast monatlich ins Ausland, in „China“ war sie allerdings noch nie, sie stellt sich vor, das sei doch „zu langweilig“. Das nächstgelegene für sie brauchbare Ausland liegt daher immer einen Interkontinentalflug entfernt, wenn man von Japan absieht. Der vergangenen, aber allgegenwärtigen britischen Herrschaft trauert sie ebenso wenig nach, wie sie die Pekinger Regierung schätzt. Immerhin gibt es jetzt aber Demokratie in Hong Kong. Welche Parteien sie wählen könnte, weiß sie aber nicht so genau. Jetzt ist sie Redakteurin bei einem Teenagermagazin. Eine Ausgabe für uns in einer Trafik zu kaufen, ist ihr aber ein bisschen peinlich. Obwohl sie monatlich 40.000 Schilling verdient, kann sie sich keine eigene Wohnung leisten und wohnt bei den Eltern.

Sie und ihr Freund laden uns auf Hong Konger Spezialitäten ein: Haifischflossensuppe, Dim Sum und Stinktofu, der deutlich besser schmeckt, als er riecht.

 

Zweiundzwanzigste Mitteilung

In der sich die Chinesen über Qiqihar wundern Qiqihar?!

Unser Rückflug nach Österreich war schon gebucht, sodass wir rechtzeitig wieder in Peking sein mussten. Die „Kowloon-Canton Railway“, eine Hong Konger Gesellschaft, die wöchentlich mehrere Züge nach Peking führt, ist so kurz vor dem Frühlingsfest schon Tage voraus ausgebucht. So gehen wir ins staatliche Reisebüro der Volksrepublik, wo es noch einmal spannend wird, bis wir schließlich in zwei verschiedenen Zügen die jeweils letzten Fahrkarten ergatterten. In einem Winkel hängt ein Plakat vom „Harbin Eiskunstfestival“ – ungefähr 5.000 Eisenbahnkilometer entfernt. Nicht dass jemand aus Hong Kong da mit dem Zug hinfahren würde.

Ausgerüstet mit drei Mahlzeiten in Form von „fang bian mian“, den von vielen Chinesen im Zug verspeisten Instant Nudeln, begebe ich mich wieder auf die Reise. In Shenzhen trennen sich unsere Wege, und Andreas fährt erst nach Guangzhou (Kanton). Kaum liegt die „Special Administrative Region“ hinter mir, errege ich als Ausländer schon wieder Aufmerksamkeit. Im Zug reden manchmal mehrere Leute gleichzeitig auf mich ein. Mit größter Konzentration kann ich Fragen wie „woher kommst du“,  „wie alt bist du“ und „was machst du“ beantworten. Meine Antwort auf letztere Frage ruft immer Verwunderung hervor. Ein Österreicher, der extra nach Qiqihar fährt, um englisch zu unterrichten, muß wohl ebenso komisch sein, wie etwa ein Japaner, der in St. Pölten Kunstgeschichte studieren will. Hat vielleicht nicht alle Reiskörner im Schrank? Warum ich nicht in Shenzhen unterrichte, dort könne man 200 Yuan die Stunde verlangen. Eine Mutter wittert die Chance, dass ich jetzt in 33 Stunden ihrem Sohn Englisch beibringen könnte. Zum Glück will der nicht, sondern bringt mir chinesisch bei. Nach einer Stunde konzentrierten Studiums gefährlicher Tiere kann ich fragen „Wie viele Reihen Zähne hat ein Hai?“ Statt Anerkennung ernte ich ein verächtliches „Zwei natürlich!“ Danach falle ich auf meinem Liegeplatz in einen Tiefschlaf, aus dem ich bald mit einer neuen Frage geweckt werde. Über Nacht fällt wieder Schnee.

Vor unserem Abflug übernachten wir in Peking in einer Jugendherberge. Zu unserem Glück hat sich in China noch nicht herumgesprochen, was eine Jugendherberge eigentlich ist. Und so reißt einem der Portier den Koffer aus der Hand, sobald man in Sichtweite kommt, und verabreicht eine Tasse Tee.

 

Dreiundzwanzigste Mitteilung

In welcher erläutert wird, was ein schottisches Volkslied mit dem Donauwalzer gemeinsam hat.

ShanghaiNach zwei Wochen in Österreich komme ich wieder am Flughafen Peking an. Bettina, meine ehemalige Studienkollegin und Leidensgenossin im Diplomarbeitslabor, und Andreas sind schon dort und holen mich ab. Gemeinsam fahren wir nach Shanghai. Das Zugpaar T13/14 ist die schnelle Nachtverbindung zwischen Peking und Shanghai. Wie jeder chinesische Zug hat auch T13 sein eigenes musikalisches Programm, das durchaus abwechslungsreich sein kann. Gerne wird z. B., wenn der Zug seinen Endbahnhof erreicht, das schottische „Auld Lang Syne“ gespielt. Zwischendurch je nach Laune des zuständigen Beamten chinesische Volksmusik oder Pop, aber auch Amerikanisches. Da die Liegeplätze anders als in Österreich jedoch nicht zum Gang hin abgetrennt sind, kann man sich der Dauerberieselung nicht entziehen, was ordentlich nerven kann. T13/14 jedoch ist stolzer Besitzer einer Strauss-CD, sodass bei der Ausfahrt aus Peking Kaiser-, Donau-, und sonstige Walzer geschmettert werden.

In Shanghai wohnen wir im ältesten Hotel der Stadt mit kolonialem Charme. Am Dachboden gibt es einen Schlafsaal in den ehemaligen Dienstbotenzimmern. Hier treffen wir zwei leicht verzweifelte Berliner, die mit dem Rad nach Budapest fahren wollen. Ihre Reisevorbereitungen verlaufen nicht ganz planmäßig („Unser Problem ist, die Leute hier verstehen uns nicht!“) Ein Däne hingegen hat zu Hause alles verkauft, ist seit Jahren Weltreisender und kennt sich hauptberuflich aus. Martin Mayr, Wiener Sinologiestudent, der gerade in Shanghai studiert, gibt uns anschauliche Insidertipps aus gewohnter Perspektive („der einzige brauchbare Wein Chinas kommt aus Tianjin“).

Auch Shanghai hat mit Pudong eine Sonderwirtschaftszone. Ähnlich brutal wie hier alte Häuser abgerissen werden, geht es in der U-Bahn zu: Um einen Sitzplatz zu ergattern, darf schon einmal geschubst werden. In Kontrast dazu steht der Bund, eine Promenade entlang des Pearl River, oder „French Town“ – Reminiszenzen an die Kolonialära.

 

Vierundzwanzigste Mitteilung

In der wir ein Abendessen versäumen, weil ein Bus zu schnell fährt und Herr Guo sich freut.

NanjingWir fahren weiter nach Nanjing, der „südlichen Kaiserstadt“. Sie ist die Hauptstadt der Provinz Jiangsu, der Kornkammer Chinas. Dort quartieren wir uns im Studentenheim der Universität Nanjing ein. Unsere Freundin aus Wien, Ma Yan, deren Heimatstadt Nanjing ist, kommt auf Besuch. Am nächsten Tag jedoch hat Bettina 39,9° Fieber. Vier Tage dauert es, bis sie sich soweit erholt, dass wir uns mit Ma Yan zu Abendessen verabreden. Am Weg dorthin steigt Bettina als letzte von uns aus dem Bus der Linie Nr. 3. Als sie auf der untersten Trittstufe steht, gehen die Türen zu, der Fahrer gibt Gas. Bettina fällt heraus, der Fuß bleibt in der Tür hängen, kommt frei. Der auch für chinesische Verhältnisse gut besetzte Bus überfährt kurz nach 20 Uhr mit seinen Hinterreifen Bettinas Beine.

Der Bus bleibt stehen, und eine Menschenmenge versammelt sich um die Verunglückte. Mehrere Leute rufen mit Handys die Polizei. Bettina steht unter Schock und möchte vergnügt abendessen gehen. Sie wird jedoch gemeinsam mit Andreas ins Krankenhaus abtransportiert. Als kurze Zeit später an derselben Bushaltestelle eine Frau einen Mann verprügelt, und abermals die Polizei kommen muss, löst sich die Menschenmenge auf (wahrscheinlich hat der Mann schlecht gekocht... anders lässt sich dieser Ausbruch von Gewalttätigkeit wohl kaum erklären.) Ich mache mich inzwischen auf die Suche nach Ma Yan. Später stellt sich heraus, dass wir bei der falschen Busstation ausgestiegen sind – in einer Straße, deren Namen eine Haltestelle anderswo trägt. Dort hat Ma Yan zwei Stunden auf uns gewartet. Schließlich mache ich sie über ihren Schwager ausfindig. Wir treffen uns im Krankenhaus, wo Bettina erfährt, dass ein Fuß gebrochen, der andere stark geprellt und eine Operation nötig ist. Sie bekommt einen Spaltgips und gegen Mitternacht treffen wir wieder im Studentenheim ein.

In den nächsten drei Tagen haben Ma Yan, Andreas und ich alle Hände voll zu tun. Bettina hat oft Schmerzen. Die Linie Drei, so stellt sich heraus, ist Nanjings einzige privatwirtschaftlich betriebene. Es kann angenommen werden, dass Bettina sich damit in den Annalen der Linie 3 verewigt hat.

In der Zwischenzeit führen unzählige Telefonate mit Österreich zur Organisation des Rücktransports. Die österreichische Konsulin aus Shanghai bringt Pralinen. Die Tiroler Luftambulanz stellt einen Rückflug für Bettina und Andreas als Begleitperson zur Verfügung. Dies ist notwendig, da Bettina überhaupt nicht gehen kann. Einen Tag vor dem Abflug hat Andreas Fieber. Der Rückflug wird auf mich umgebucht. Ich rufe Herrn Guo in Qiqihar an und beginne „Ich habe eine schlechte Nachricht“. Da auch er nie ganz verstanden hat, dass vier Österreicher nach Qiqihar wollten, fragt er „Ihr kommt doch zurück?“ Als ich sage, ich würde drei Tage zu spät zum Dienstbeginn erscheinen, freut er sich.

Die Presse - Bettinas UnfallAm vierten Tag um 5 Uhr früh bringt uns eine Ambulanz über die neue Nanjing-Shanghai – Autobahn zum Flughafen Pudong. Der Rückflug ist mit Swiss Air in der ersten Klasse und daher glimpflich. Als Bettina in Schwechat von einer österreichischen Rettung empfangen wird, sind alle erleichtert. „Es ging alles rasch und reibungslos“, schreibt „Die Presse“ einige Wochen später, am 20. März.

 

Nach einem Tag zu Hause flog ich wieder nach Peking, holte mehrere Gepäckstücke ab, die wir im Laufe der letzten Wochen dort an verschiedenen Orten deponiert hatten, und fuhr abends mit T47 nach Qiqihar. Hier wartete schon der neue Stundenplan.


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Stefan Kahl

Foreign Affairs Office
Qiqihar University
Wenhua Dajie 30
Culture Street No. 30
Qiqihar, China

Tel.: 0086/452/2787109
e-mail: skahl@mail.zserv.tuwien.ac.at
http://www.sozialdienst.at

 


Siehe auch:

Der Pressebericht von Bettinas Unfall.
 

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